Stellungnahme des VBE NRW zum Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes NRW für das Haushaltsjahr 2016

25.11.2015

(Haushaltsgesetz 2016), Schwerpunkt Personalhaushalt 2016
Ergänzung der Landesregierung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/9300

Der VBE begrüßt ausdrücklich, dass die Landesregierung mit der vorliegenden Ergänzung zu dem bereits bestehenden Gesetzentwurf für das Haushaltsjahr 2016 versucht, die Ausgabensätze aufgrund der bereits gestiegenen Flüchtlingszahlen in 2015 und des erwarteten weiteren Zugangs in 2016 entsprechend anzupassen. Allerdings ist angesichts der von der Ministerpräsidentin für 2016 prognostizierten Flüchtlingszahlen schon jetzt absehbar, dass die Bereitstellung weiterer Ressourcen erforderlich sein wird.

Aus Sicht des VBE sind insbesondere die folgenden geplanten Maßnahmen als positiv zu bewerten:

• Erhöhung der Plätze für Flüchtlingskinder in der Offenen Ganztagsschule von 5000 auf 17500

• Zusätzliche Mittel für weitere Qualifikationskurse in den Bereichen „Deutsch als Zweitsprache" und „Vielfalt fördern"

• Zusätzliche Mittel für eine landesweit möglichst einheitliche Qualitätsentwicklung in Schulen, Schulaufsicht und Kommunalen Integrationszentren

• Sprachförderung nicht mehr schulpflichtiger Jugendlicher und Erwachsener an Volkshochschulen und anerkannten Weiterbildungseinrichtungen

Darüber hinaus ist die Einstellung von weiteren insgesamt 2625 Lehrerstellen in den jetzt vorliegenden Ansatz des Haushaltsplans 05 nur stringent. Der VBE hält auch die vorgenommene Splittung dieser Stellen in 1725 Lehrerstellen zur Deckung des Grund-bedarfs infolge der gestiegenen Flüchtlingszahlen und in 900 Lehrerstellen für Auffang- und Vorbereitungsklassen (Integration durch Bildung) für sinnvoll.

In diesem Zusammenhang darf allerdings nicht übersehen werden, dass die zuletzt an-geführten 900 Lehrerstellen faktisch vom Schulbereich selbst „erwirtschaftet" wurden. Hierzu wurden bereits im ersten Haushaltsentwurf 2016 die Lehrerstellen für besondere pädagogische Aufgaben und für besonderen Unterrichtsbedarf sowie gegen Unterrichtsausfall, für Vertretungsaufgaben und besondere Förderaufgaben um 943 Stellen im Vergleich zum Vorjahr abgesenkt. Eine solche Gegenrechnung von dringend benötigten Stellen hält der VBE angesichts der bestehenden Herausforderungen durch die rasant steigenden Zahlen bei der Beschulung von Flüchtlingskindern und bei dem gleichzeitig zu bewältigendem Ausbau eines inklusiven Schulsystems für kontraproduktiv.

Wenn es der Landesregierung mit ihrem Motto „Kein Kind zurück lassen" tatsächlich ernst ist, dann müssen auch die hier genannten Stellen zwingend im System Schule bleiben und nicht mit den neu eingestellten Lehrerstellen gegen gerechnet bzw. finanziert werden. Ansonsten ist aus unserer Sicht das gemeinsame Ziel gefährdet, ein sozial gerechtes, leistungsfähiges und vielfältiges Bildungssystem weiter zu entwickeln.

Für den VBE überhaupt nicht nachvollziehbar, ist die Verteilung der in den Haushalts-entwurf neu eingestellten Lehrerstellen auf die Besoldungsstufen. Von den 1725 Lehrerstellen zur Deckung des Grundbedarfs infolge der gestiegenen Flüchtlingszahlen werden 1215 Stellen für die Besoldungsgruppe A 13 und lediglich 510 Stellen für die Besoldungsgruppe A 12 ausgewiesen. Dies entspricht einem prozentualen Verhältnis von 70 zu 30.

Ähnlich verhält es sich bei den 900 Lehrerstellen für Auffang- und Vorbereitungsklassen (Integration durch Bildung). Hier werden 560 Stellen für A 13 und 340 Stellen für A 12 ausgewiesen. Hier ist das prozentuale Verhältnis mit 62 zu 38 nur minimal besser.

Durch diese überproportionale Ausweisung von A 13 Stellen in beiden Bereichen sug-geriert die Landesregierung, dass die Hauptarbeit bei der Integration von Flüchtlingen durch Studienrätinnen und Studienräte sowie durch Sonderschul- und Realschullehr-kräfte geleistet wird.

Dies steht allerdings im krassen Widerspruch zu den Erfahrungen, die täglich vor Ort gemacht werden. Hier liegt die Hauptlast der Integrationsarbeit nämlich bei den Lehrerinnen und Lehrern, die an den Grund- und Hauptschulen in unserem Land tätig sind.

Erhebliche Zweifel hat der VBE auch daran, dass die mit dem vorliegenden Gesetzent-wurf geschaffenen 2625 Lehrerstellen überhaupt besetzt werden können. In den aktuel-len Ausschreibungsverfahren laufen überproportional viele Stellen – insbesondere im Grund- und Hauptschulbereich – leer. Zwar gab es über alle Schulformen betrachtet zum 01.11.15 genügend Bewerberinnen und Bewerber – allerdings die meisten für den Sekundarbereich II von Gymnasien und Gesamtschulen. Da der Sekundarbereich II aber nicht die originäre Arbeit der sprachlichen Integration von Flüchtlingen leistet, wird damit das eigentliche Anliegen der Landesregierung konterkariert.

Für den Sekundarbereich I ist hingegen keine ausreichende Passung hinsichtlich der gewünschten Fächer sowie der Schulform zu erkennen. Von daher ist zu befürchten, dass die Ausschreibungen an den Schulformen, die den größten Anteil an der Beschu-lung von Flüchtlingskindern leisten, zum größten Teil leer laufen werden. Durchgängige Sprachförderung sowie interkulturelle Schul- und Unterrichtsentwicklung, die mit ent-scheidend für die Bildungs- und Berufsbiografie dieser Kinder und Jugendlichen sind, werden somit in vielen Schulen und Schulformen unseres Landes nicht in dem Maße zu leisten sein, wie von der Landesregierung erhofft. Der VBE fordert daher eine Einstel-lungspolitik mit Weitsicht, bei der die anhaltende Zuwanderung auch ihren Niederschlag in der Schülerzahlprognose findet, damit sie Eingang in die Finanzplanung und damit auch dauerhaft Auswirkung auf die Zahl der Lehrerstellen hat.

Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Ausbildungskapazität an den Hochschulen und an den Zentren für schulpraktische Lehrerbildung erhöht werden kann, damit der steigende Bedarf an grundständig ausgebildeten Lehrkräften zukünftig in allen Schulformen abgedeckt wird. Für mehr Bildungsgerechtigkeit und für die Sicherung des Qualitätsan-spruchs an unseren Schulen hält der VBE dieses Verfahren für sinnvoller als Mittel in nicht unerheblichem Umfang für Entgelte von Aushilfen im Rahmen der „Integration durch Bildung" in den vorliegenden erweiterten Gesetzentwurf einzustellen.

24.11.15
Udo Beckmann
Vorsitzender VBE NRW

 

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